Le Corbusier | Der Künstler
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LC, der Künstler

Le Cor­bu­si­er ist nicht zu fas­sen, ohne in ihm auch den Maler, Zeich­ner, Gra­phi­ker zu sehen. Die Kunst ist das Fun­da­ment, auf dem er auf­baut und sein Weg, Din­ge aus­zu­pro­bie­ren, sein For­men­ar­se­nal zu ent­fal­ten. Hier tas­tet er sich an Raum­vor­stel­lun­gen her­an, die so noch nicht gebaut wur­den, hier exer­ziert er die Auf­lö­sung und Neu­ent­ste­hung der drei Dimen­sio­nen durch, die spä­ter in sei­nen Bau­ten und selbst sei­nen Urba­nis­tik-Pro­jek­ten sicht­bar wer­den. Der Ent­wick­lung, die er als Künst­ler durch­macht, folgt sei­ne Ent­wick­lung als Archi­tekt. Nicht umsonst legt er Wert auf die Fest­stel­lung, dass der Schlüs­sel zu sei­ner Archi­tek­tur in sei­nem künst­le­ri­schen Werk liegt.

 

Am deut­lichs­ten nach­voll­zieh­bar ist das beim Über­gang von sei­ner ers­ten gros­sen Werk­grup­pe, den geglie­der­ten, puris­ti­schen Arbei­ten, hin zu den Wer­ken, in denen er ab Ende der 20er-Jah­re sei­ne Moti­ve um den weib­li­chen Kör­per sowie um sei­ne «objets à réac­tion poé­tique» wie Muscheln, Wur­zeln, Kno­chen und Schne­cken erwei­tert: Baut Le Cor­bu­si­er in den 20er-Jah­ren noch die strah­len­den, rein wir­ken­den Archi­tek­tur-Iko­nen wie die Vil­la Savoye oder die Weis­sen­hof-Häu­ser, wei­sen sei­ne Bau­ten ab den 30er-Jah­ren Ele­men­te einer plas­ti­sche­ren Natur­form auf. Die kon­struk­tiv ver­mes­se­ne Welt wird ergänzt um das Wesen des Orga­ni­schen, um Erfun­de­nes und Mass­lo­ses, das in Bau­ten wie der Kap­pel­le von Ron­champ sogar die Ober­hand gewinnt.

 

Dass Le Cor­bu­si­er nicht müde wur­de zu beto­nen, dass er grund­sätz­lich und aus Lei­den­schaft Maler sei, macht deut­lich, dass das Publi­kum die­se Tat­sa­che ange­sichts sei­nes Ruhms als Archi­tekt sei­ner Mei­nung nach nicht aus­rei­chend zur Kennt­nis nahm. Tat­säch­lich stand er 1923 vor dem Pro­blem, dass die welt­wei­te Auf­merk­sam­keit, die die Publi­ka­ti­on von «Vers une archi­tec­tu­re» nach sich zog, sei­ne beacht­li­chen Erfol­ge als Künst­ler über­strahl­te. Und selbst wenn Maler wie Pablo Picas­so oder Fer­nand Léger – der zeit­wei­se Teil von Le Cor­bu­si­ers Puris­mus-Bewe­gung war – ihm Aner­ken­nung für sein künst­le­ri­sches Werk zoll­ten, ent­schloss er sich, vor­erst nicht mehr auszustellen.

 

Erst 1938, als unter­des­sen eta­blier­ter Archi­tekt, wil­lig­te er in die ers­te Ein­zel­aus­stel­lung ein, die sich dem Künst­ler Le Cor­bu­si­er wid­me­te. Wei­te­re folg­ten, doch die Wert­schät­zung der wah­ren Rol­le und Bedeu­tung sei­nes künst­le­ri­schen Werks hat erst vor weni­gen Jah­ren ein­ge­setzt – vier­zig Jah­re nach Le Cor­bu­si­ers Tod.

 

Das künst­le­ri­sche Werk Le Cor­bu­si­ers erfreut sich seit Jah­ren stei­gen­der Bekannt­heit und Beliebt­heit, was sich ins­be­son­de­re auch in Aus­stel­lun­gen renom­mier­ter Muse­en äus­sert, die im Zusam­men­hang mit sei­nem 125. Geburts­tag 2012 respek­ti­ve 50. Todes­tag 2015 alle auch sein künst­le­ri­sches Schaf­fen prä­sen­tie­ren: Das Muse­um of Modern Art in New York wid­me­te LC 2013 eben­so eine gross ange­leg­te Schau wie das Moder­na Muset in Stock­holm oder das Muse­um Pusch­kin 2012 in Mos­kau. 2015 Jahr rück­te ihn das Cent­re Pom­pi­dou in Paris ins Zen­trum, par­al­lel war Le Cor­bu­si­ers Werk im Som­mer 2015 erst­mals auch in Chi­na in zwei gros­sen Aus­stel­lun­gen in Hong­kong und Shen­zhen zu sehen. Die Münch­ner Pina­ko­thek der Moder­ne kon­zen­trier­te sich 2012 gar allein auf die Litho­gra­phien sei­nes «Poè­me de l’angle droit».

 

T. Rab­a­ra

Le Cor­bu­si­er 1953 im Atelier
sei­ner Woh­nung in Paris.


© Key­stone / Rue des archi­ves / Michel Sima; FLC / 2019, Pro­Lit­teris, Zurich